"Ohne Kinder hätte sich E. umgebracht" (2024)

Fritzls Schwägerin über die Opfer-Familie. im ÖSTERREICH-Interview sprichtsie wie es der Frau und den Kindern geht.

ÖSTERREICH: Als Schwester von Josef Fritzls Ehefrau R. gehörenSie zu Österreichs unheimlichster Familie. Am 26. April ist Ihr Schwager,bis dahin für Außenstehende ein geschäftstüchtiger Biedermann, alsJahrhundertkrimineller aufgeflogen. Wie gehen seine Opfer und Angehörigendamit um?

CHRISTINE R.: Es ist alles kaputt. Die ganze Familie istzerstritten und zerrissen. Einige meinen, dass sich die Situation nach demStrafprozess gegen Josef beruhigen wird. Ich für meinen Teil glaube das ehernicht.

ÖSTERREICH: Sprechen wir bitte über die Hauptpersonen diesesmonströsen Falls – und beginnen wir mit Ihrer Schwester. Wie lebt sie damit,24 Jahre in einem Haus gewohnt zu haben, in dem ihr Ehemann ihre Tochter imKeller eingekerkert und 3.000 Mal vergewaltigt hat?

CHRISTINE R.: Was wollen Sie hören?

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ÖSTERREICH: Am liebsten die Wahrheit.

CHRISTINE R.: R. geht es ganz schlecht – und das aus mehrerenGründen. Sie ist einsam. Sie ist fast mittellos. Und sie muss sich immerwieder anhören, dass sie über die langen Jahre vom Verbrechen im eigenenHaus doch was gemerkt haben muss.

ÖSTERREICH: Und – was meinen Sie dazu?

CHRISTINE R.: Sie hat tausendprozentig nichts gewusst. Sie dürfen sichR. Ehe nicht wie andere Partnerschaften vorstellen. Josef war ein Tyrann,und sie hat 50 Jahre aus Angst gehorcht wie ein Hund. Die beiden haben jaschon lange getrennt gelebt. Vor Jahren hat er sich im Parterre eine eigeneWohnung eingerichtet. Zu R. und den Kindern im ersten Stock kam er nur dreiMal am Tag zum Essen. Seine Wohnung war sein Reich. Und der Keller warüberhaupt für alle tabu, weil er da angeblich wichtige Arbeitsunterlagenhatte.

ÖSTERREICH: Josef Fritzl hat mit R. sieben Kinder – zwei sindälter, vier sind jünger als E., die von ihrem Vater 1984 im Verlieseingekerkert wurde. Und von der ganzen Familie war wirklich nie jemand imKeller?

CHRISTINE R.: Nur der älteste Sohn S.. Der ist ein bisslbehindert und trinkt auch gern. Der durfte als Einziger manchmal runter, umdas Putzzeug oder Glühbirnen zum Wechseln zu holen. Aber der Zugang zumVerlies war ja durch eine Holzstellage verstellt. Und der S. kriegt jasowieso nicht viel mit, also ist ihm sicher auch im Keller nichts verdächtigvorgekommen. Alle anderen haben sich sogar an das Keller-Verbot gehalten,wenn mein Schwager auf Urlaub war. Die hatten panische Angst vor ihm. Josefist ein furchtbarer Choleriker. Er hat seine Frau und die Kinder oft wegenKleinigkeiten brutal geschlagen.

ÖSTERREICH: Zurück zur Gegenwart: Wieso ist Ihre Schwesterjetzt einsam?

CHRISTINE R.: Weil sich E. von ihr zurückgezogen hat und auch die Kindervon ihr fernhält.

ÖSTERREICH: Macht E. die Mutter mitverantwortlich für ihrfurchtbares Schicksal?

CHRISTINE R.: Das könnte gut sein. Sicher aber ist: Drei Kinder E. sindja oben im Haus aufgewachsen: L. (15), M. (14) und A. (12). Für die war R.die Mama. Und sie haben auch noch Mama zu ihr gesagt, als alle gemeinsam inder Nervenklinik waren.

ÖSTERREICH: Und das hat E. gestört?

CHRISTINE R.: So sehr, dass sie ihre Mutter aus der gemeinsamenUnterkunft im Sanatorium verdrängt hat, wo E. und ihre Kinder ja heute nochleben. R. aber wurde plötzlich gesagt, dass sie kein Opfer sei, sondern dieEhefrau des Täters. Also musste sie sich im Sommer eine Wohnung suchen, weilsie ins Haus des Schreckens natürlich nie mehr einziehen will.

ÖSTERREICH: Seither ist R.s Kontakt zur Familie in der Klinikabgebrochen?

CHRISTINE R.: Nein, oder besser: nicht ganz. Dazu müssen Sie wissen:Entgegen allen Meldungen gehen die drei „Lichtkinder“, die bei R.aufgewachsen sind, schon wieder in die Schule, die L. sogar in eine höhereBildungsanstalt. Der zwölfjährige A. hängt aber so an R., dass er gesagthat: „Ich gehe nicht zum Unterricht, wenn ich die Oma nicht mehr sehendarf.“ Die E. hat nachgegeben, jetzt darf meine Schwester den Buben jedeWoche einmal für ein paar Stunden abholen. Und wenn sie in die Klinik kommt,sieht sie ja auch alle anderen.

ÖSTERREICH: Ihre Schwester hat Geldsorgen?

CHRISTINE R.: Sie bekommt 400 Euro Pension und zahlt für ihre Wohnung400 Euro Miete. Und sie kriegt noch 300 Euro Sozialhilfe, also darf sienicht mehr als zehn Euro pro Tag brauchen.

ÖSTERREICH: Wie geht das?

CHRISTINE R.: Einkaufen geht sie in einen SOMA-Markt, wo es billigeLebensmittel knapp vorm Ablaufdatum oder in beschädigten Verpackungen gibt.Möbel für die Wohnung bettelt sie sich bei der Caritas zusammen. Die E.(eine weitere Schwester R. – Red.) und ich helfen, wo wir können. Aber wirhaben ja selbst nicht viel.

ÖSTERREICH: Wie kommt eigentlich E. über die Runden?

CHRISTINE R.: Die hat rund 60.000 Euro Beihilfe für die drei„Kellerkinder“ nachgezahlt bekommen. Und Natascha Kampusch hat ihr 25.000Euro gespendet. Außerdem musste ihr R. 3.000 Euro überweisen.

ÖSTERREICH: Wieso?

CHRISTINE R.: Als meine Schwester nach den drei Monaten in der Klinikerstmals wieder auf die Bank gegangen ist, hat sie gesehen, dass da 3.000Euro Kinderbeihilfe auf ihrem Konto waren.

ÖSTERREICH: Seit 26. April lebten die drei „Lichtkinder“ aberschon mit ihrer Mama E. im Sanatorium.

CHRISTINE R.: Genau. Deshalb hat R. auch sofort in der Klinik angerufenund E. von der Überweisung erzählt. Weil’s ihr so schlecht geht, hat siegehofft, dass die Tochter sagen wird: „Mama, lass gut sein, red ma netdrüber.“ Die E. hat gar nichts gesagt. Aber zwei Tage später ist ein Briefvom Opferanwalt gekommen, in dem stand, dass R. das Geld binnen 14 Tagenüberweisen muss.

ÖSTERREICH: Korrekte Abrechnung, ärgert Sie das?

CHRISTINE R.: Nein. Mich ärgert, dass die Familie nicht zusammenhält.

ÖSTERREICH: Wie geht es mit E. weiter?

CHRISTINE R: Sie hat meiner Schwester erzählt, dass sie sich ohne ihreKinder im Verlies schon längst umgebracht hätte. Nur die Verantwortung gabihr die Kraft, ihre Qualen zu überleben. Und sie will auch in Zukunft nurfür ihre Kinder da sein. Andere Pläne hat sie nicht.

ÖSTERREICH: Angeblich sucht sie schon ein Haus mit Garten inOberösterreich.

CHRISTINE R.: Ja, da lebt auch E. älteste Schwester U., mit der sie sichgut versteht. Aber zuerst müssen andere Dinge geregelt werden. Wie ichgehört habe, wird E. eine Opferrente bekommen. Und alles Geld, das vomVerkauf der fünf Immobilien ihres Vaters abzüglich der Kredite bleibt.Fritzl selbst hatte da ja einen anderen Plan. Aber der zeigt nur, dass ervöllig verrückt sein muss.

ÖSTERREICH: Nämlich?

CHRISTINE R.: Mein Schwager wollte tatsächlich aus seinem Horror-Haus inAmstetten mit E. Verlies eine Touristen-Attraktion machen – und vonSchaulustigen zehn Euro Eintritt kassieren. Komplett wahnsinnig. Das Geldsollte die Familie kriegen. Aber natürlich haben alle diese „Geschäftsidee“abgelehnt.

ÖSTERREICH: Warum sagen im Prozess nur E. und ihr jüngsterBruder H. als Zeugen aus? Haben alle anderen den Ehemann und Vater Fritzl innetter Erinnerung?

CHRISTINE R.: Unsinn. Zum Teil schweigen sie aus Scham, mehr aber auspanischer Angst. Sie haben sich ein Leben lang vor ihm gefürchtet, und dasGefühl kriegt man nicht einfach so weg.

ÖSTERREICH: Aber er sitzt doch hinter Gittern.

CHRISTINE R.: Sie können sich nicht vorstellen, welchen Schreckener verbreitet hat. Ich gebe Ihnen zwei Beispiele: Ich durfte die R. immernur am Abend anrufen, wenn er schon wieder in seiner Wohnung war. Einmal warich zu früh dran und sie hat sich mit dem Nachtmahl um zwei Minutenverspätet. Da habe ich ihn schreien gehört: „Wo sind meine Knödel?“ Dann istein Teller gegen die Wand geflogen, und sie hat aufgelegt. Ein anderes Malhat er dem H. das Nasenbein gebrochen, nur weil der bei einerGeburtstagsfeier seines Chefs ein Glas Sekt getrunken hat. Offenbar ist H.Hass mittlerweile größer als seine Angst. Deshalb wird er vor Gerichterzählen, was für ein Vater Fritzl war.

ÖSTERREICH: Lässt sich Ihre Schwester jetzt endlich von diesemMann scheiden?

CHRISTINE R.: Nein, sonst verliert sie ja den Anspruch auf seinePension. Und wenigstens wenn er tot ist, will sie was von ihm haben.

Wolfgang Höllrigl

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